Neulich, es ist schon ein paar Monate her, erzählte ich einem befreundeten Fotografen von der Hochzeit eines Freundes und wie ich die Gäste dazu gebracht habe, sich selbst auf der Party zu fotografieren.
Die Idee war einfach: Ich hatte eine Nikon D2x mit WLAN-Adapter, genannt WT-2, einem Blitz und einem Tamron 17-50/2,8 vorkonfiguriert an prominenter Stelle im Saal platziert. Die Kamera sendete nun, sobald jemand ein Bild gemacht hatte das JPEG File direkt per WLAN auf den Beamer, der, wenn keine Fotos gemacht wurden, im Saal die Diashow mit Szenen aus dem Leben des Hochzeitspaars in einer Endlosschleife zeigte.
Ein kurzer Hinweis per Mikrophon genügte und die Nummer war geritzt – es klappte besser als erwartet. Jeder schnappte sich im laufe des Abends mal den unkaputtbaren Fotobackstein („schliesslich hat man nicht alle Tage die Gelegenheit mal mit einem echten Profibrikett Fotos zu machen“ usw…) und machte ein paar Schnappschüsse von der Party.
Und ich konnte mich entspannt zurücklehnen und den Abend einfach geniessen. 🙂
„Wie geht das noch von der Cam in Richtung iPad mit Software, quasi live?“ schrieb mich der Fotofreund gestern an. Meine Antwort war etwas ausführlicher, sodass ich mir gedacht habe: Das könnte a) vielleicht auch andere interessieren und b) mach doch einen Blog-Artikel draus.
Und während ich diese Zeilen schreibe erreicht mich schon die nächste Anfrage eines Lesers, der den etwas älteren Artikel „Zickenterror“ gelesen hatte.
Hier also nun eine etwas ausführlichere Einführung zu diesem Thema
Alle bis dato produzierten DSLR und Mirrorless-Kameras mit Ausnahme der Nikon Coolpix S51c haben eines gemeinsam: Sie können kein WLAN. Für manche Kameramodelle gibt es sogenannte „Wireless Transmitter“(Nikon) oder „Wireless File Transmitter“(Canon). Diese unterstützten jedoch meistens nur die Pro- oder SemiPro Gehäuse der Hersteller und sind extrem teuer. Die billige Alternative zum WLAN Versand von Bildern heisst „Eye-Fi“ – eine SD-Card mit WLAN-Modul. Leider besitzen alle derzeit verfügbaren WLAN-Lösungen so ihre Tücken.
Die Spezial-WLAN-Adapter der Hersteller – Viele Nachteile, einige Vorteile.
Die Spezialhardware wie Nikons WT-Serie oder Canons WFT’s ist allerdings in der Regel nicht kompatibel zur nächsten Kamerageneration und exorbitant teuer im Vergleich zu einem handelsüblichen WLAN Stick. Eine löbliche Ausnahme macht hier der WT-4 von Nikon, der sowohl an der D300 als auch an D300s, D700, D3, D3x und D3s verwendet werden kann. Vermutlich wird er aber zur nächsten Kamerageneration bereits nicht mehr kompatibel sein. Schlimmer noch: die Firmware der älteren Adapter wie z.B. die des Nikon WT-2 (zur D2x und D2xs) wurde seit Jahren nicht mehr überarbeitet, was zur Folge hat das nur veraltete Verschlüsselungsalgorithmen verwendet werden können. Wer zwingend WPA oder WPA2 verwenden möchte guckt hier voll in die Röhre. Auch Übertragung nach den neueren 802.11g oder n Standards ist für diesen Adapter nicht verfügbar, was für heutige Verhältnisse zu extrem langsamem Datentransfer führt.
Die aktuellen Neupreise für diese Spezial-WLAN-Adapter liegen derzeit zwischen 450 und 800 EUR. Wenn man bedenkt, das WLAN in Computern, Tablets und Smartphones seit Jahren Standard ist, so ist das eigentlich eine Unverschämtheit. Vor allem bei Profikameras, die mehrere Tausend Euro kosten eigentlich nicht mehr Nachvollziehbar. „Abzocke“ würden viele Fotografen vielleicht sagen. „Spezialanwendung“ würden vermutlich die Kamerahersteller antworten.
Die Vorteile der Speziallösungen liegen in
- der Verarbeitung,
- der guten Sendeleistung,
- der wetterfesten Abdichtung und
- dem perfekt abgestimmten Zusammenspiel mit der Kamera.
- Man kann mit dem WT-2 beispielsweise wählen welche Dateien übertragen werden sollen: Nur JPEGs oder nur die RAWs/TIFFs oder beide Dateitypen.
- Eine Konfiguration der Übertragungsparameter ist auch vor Ort übers Kameramenü möglich
- Auch kann man auswählen ob alle Bilder sofort automatisch übertragen werden sollen oder nur diejenigen, die zum Übertragen markiert wurden.
- Übertragungen werden automatisch nochmal gestartet, sobald wieder eine WLAN-Verbindung zur Verfügung steht oder der Transfer aus einem anderen Grund nicht erfolgreich war.
- Zum Teil ist auch eine Fernsteuerung der Kamera per WLAN von einem Computer aus möglich.
Es bietet sich für unseren Zweck an, kleine JPEGs zur direkten Übermittlung zu speichern und die RAWs für die Nachbearbeitung am Rechner auf der Karte zu belassen. Falls man den WLAN Uplink mal verlieren sollte sind die meisten Spezialadapter in der Lage die Bilder später zu übertragen, wenn die WLAN-Verbindung automatisch wieder hergestellt wurde.
Eye-Fi – die derzeit einzige günstige Alternative, aber längst nicht Perfekt.
Eine Eye-Fi SD-Karte hat ein paar Vorteile: Auch mit ihr kann man Bilder per WLAN übertragen. Fast jede Kamera mit SD- oder CF-Kartenslot wird unterstützt (CF mit nicht abschirmenden Kartenadapter). Alle gängigen WLAN Standards und Verschlüsselungsverfahren werden unterstützt. Und sie ist günstig! Gradezu Spottbillig, wenn man mit den Spezialadapterpreisen vergleicht: Ab ca. 50 EUR bekommt man das günstigste Eye-Fi Modell neu.
Nicht alles ist Rosa – denn die Eye-Fi hat auch ein paar gravierende Nachteile. Diese sind kurz zusammengefasst:
- WLAN-Reichweite und -Geschwindigkeit abhängig vom Kameragehäuse.
- Die Karte muss vorher an einem PC mit Internetanschluss und Spezial-Eye-Fi-Software eingerichtet werden, man kann also die Einstellungen auf der Karte in den meisten Kameras nicht einfach nach Bedarf vor Ort ändern sondern muss bereits vorher wissen, welche WLAN-Konfiguration on Location verfügbar ist.
- Und die Eye-Fi kann nicht zwischen unterschiedlichen Dateitypen zur Übertragung unterscheiden – sie sendet entweder alle Bilder auf der Karte oder das Bild bzw. das Bilderpaar (falls RAW+JPEG aufgezeichnet werden), dass für den Versand markiert wurde.
- Auch unterstützt sie nicht eine erneute Übertragung, falls die Verbindung mal verloren geht oder die Übertragung fehlschlägt.
- Eine Fernsteuerung der Kamera über die Eye-Fi ist nicht möglich.
Erste Wahl in Sachen Useability sind also nach wie vor die herstellereigenen WLAN-Adapter.
Chinesische Firmen bauen doch sonst immer alles nach…
Nicht so in diesem Fall – Bis heute gibt es keinen billigen Nachbau der offiziellen WLAN-Adapter. Warum weis ich leider nicht. Evtl. liegt es daran, dass die Copyshops den Markt hier als nicht Massentauglich einschätzen. Nunja – so ist es nun einmal. Ich behaupte aber mal ganz frech, dass man in spätestens 5 Jahren keine Profikamera mehr ohne eingebauten drahtlosen Übertragungsweg wird verkaufen können.
Nun hat man sich also für einen WLAN Adapter entschieden.
Wie gehts jetzt weiter? Eigener mobiler Hotspot!
Damit ich ortsunabhängig bin und trotzdem vorher alles einrichten kann habe ich immer meine eigene WLAN-Infrastruktur dabei. Diese besteht für Präsentationszwecke aus einem mobilen, Akkubetriebenen Huawei 3g-UMTS-WLAN-Router für die Hosentasche, den man im Handyladen um die Ecke vertragsfrei für ca 99 EUR kaufen kann und der sich bequem über ein Webinterface vom iPad oder PC konfigurieren lässt. Bei bedarf kann man den Internetzugang über UMTS aktivieren. Ausserdem ein USB-Ladekabel.
Ich betreibe den mobilen Hotspot jedoch meist mit deaktiviertem 3G Internetzugang, dies verlängert die Akkulaufzeit unglaublich. Nur im WLAN-Hotspot Modus betrieben reicht eine Akkuladung ca. 6 Stunden, genug für eine Abendparty. Braucht man doch mal mehr Akkulaufzeit schliesst man den Huawei-Router einfach per USB an der nächsten Steckdose oder dem nächsten USB-Steckplatz an – oder man lädt den Akku mit einem mobilen USB-Akkuladegerät wieder auf.
Wer noch einen alten WLAN-DSL-Router herumliegen hat kann natürlich auch diesen vorkonfiguriert auf eine Veranstaltung mitnehmen – jedoch ist hierfür in der Regel eine Steckdose am Veranstaltungsort nötig. Praktischer und flexibler ist da der mobile Hotspot, den man einfach in der Hosentasche oder im Rucksack mit sich rumtragen kann.
Der Vorteil: Mit einem eigenen Hotspot der nur für den Zweck der Bildübertragung eingerichtet wird kann man auch mit der älteren WEP-48bit-Verschlüsselung arbeiten – oder sogar einen komplett offenen Hotspot betreiben ohne sich Sorgen um die langfristige Sicherheit des Hotspots machen zu müssen. So funktioniert dann auch die Kommunikation zwischen iPad und D2x/WT-2.
Zur Präsentation der Fotos und der Weiterverbreitung: Shuttersnitch – oder XnView!
Ich verwende auf dem iPad und iPhone die App „Shuttersnitch“. Dabei handelt es sich im wesentlichen um eine geschickte Kombination aus FTP-Server, clevere Diashowsoftware, Exif-Viewer, programmierbarer Store-and-Forward-Proxy und Bildbetrachter. Einziger Nachteil: Videos können noch nicht wiedergegeben werden. Das Feature wurde aber im Shuttersnitch Forum bereits vor einiger Zeit gewünscht und wird vermutlich irgendwann kommen.
Die Software ist zwar mit 12,99 EUR für i-Verhältnisse relativ teuer, aber jeden Cent wert! Und absolut gesehen ist das nicht viel Geld für ein erstklassiges Stück Software wie dieses.
Zu den Key-Features gehören für mich die intelligente Diashow, die als Endlosschleife alle Bilder im Folder nacheinander anzeigt, wahlweise mit KenBurns-Effekt, Rahmen und Überblendungen.
Jedoch wird, sobald ein neues Foto per FTP in der App eintrifft sofort das neueste Bild angezeigt und anschliessend mit der Endlosschleife fortgefahren, in die dann auch das neue Bild automatisch aufgenommen wird. Richtig gut ist auch die Möglichkeit die Bilder von der App aus sofort an eine oder mehrere weitere Applikationen oder Server zu verteilen gelöst. Dazu gehört z.B. die Weiterleitung an Flickr, Facebook, Dropbox, Smugmug oder Zenfolio sowie an eMail-Empfänger und FTP-Server. Man kann über die sogenannten „Aktionen“ die Bilder auch vor der Weiterleitung nochmal automatisch bearbeiten. Insgesamt also eine sehr durchdachte App.
XnView ist die kostenlose Windows-Alternative. Der Bildbetrachter-Tausendsassa bietet die Möglichkeit Diashows mit Ordnerinhalten zu zeigen. Jedoch sind die Fähigkeiten bei weitem nicht so ausgeklügelt wie beim Shuttersnitch. So wird die Bilderliste des Ordners nur einmal pro durchlauf neu geladen. Das heisst: unter umständen muss man erst sämtliche im Ordner befindliche Dateien ansehen bevor das neue Bild einmal gezeigt wird. Auch die Weiterverteilungs- und automatisierten Bearbeitungsmöglichkeiten bietet XnView nicht oder nicht in dem Umfang wie der Snitch. Dennoch: für 0 Geld eine annehmbare Lösung.
Den FTP-Server muss man unter Windows allerdings selbst konfigurieren. Der Filezilla Server macht dies relativ einfach und ebenfalls für 0 EUR ohne weiteres Möglich.
Natürlich kann man sich den WLAN-Router auch sparen, wenn man seinen Laptop mitnimmt, jedoch ist die Konfiguration eines WLAN-Hotspots unter Windows ein echter, abendfüllender Krimi und nicht jeder hat die Zeit und die Lust sich damit rumzuärgern. Und auch die Reichweite ist in der Regel bei einem vernünftigen WLAN-Router etwas besser als beim Laptop.
Und wie kommen die Bilder nun auf den Beamer?
Ganz einfach: mittels der verfügbaren VGA, HDMI oder DVI Adapter für iPhone und iPad schliesst ihr das Gerät an einen Fernseher oder Beamer an und schon seht ihr die Ausgabe des Bildschirminhaltes oder wahlweise die Diashow im Vollbildmodus.
Falls ihr euren Laptop benutzt, sollte er einen HDMI oder DVI Ausgang besitzen, damit die Bildqualität nicht zu sehr leidet.
Das war’s.
Falls ihr andere Erfahrungen gemacht habt oder noch bessere Lösungen kennt: schreibt mir einfach.
Hi.
Ich habe schon länger etwas gesucht, womit ich die Bilder meiner D300s/WT-4 und D2x/WT-2 auf das iPad übertragen kann. Nikon bietet da ja leider nichts an.
Dein Artikel hat mir sehr geholfen. Habe mir das inzwischen 18,99 teure ShutterSnitch gekauft und es funktioniert mit der D300s auf Anhieb wunderbar.
Morgen werde ich es mal mit der D2x probieren.
Vielen Dank.
Moin,
besten Dank erstmal für den informativen Beitrag.
Eine Frage hätte ich zum von Dir eingesetzten Protokoll auf dem WT-2: Hast Du „FTP“ oder „PTP/IP“ eingerichtet?
Ich frage deshalb, weil in der Theorie und laut Nikons manual beides mit Deiner Lösung nicht funktionieren dürfte: Das Eine erfordert einen FTP-Server und das Andere Nikon Capture.
Ich gehe davon aus, dass Du „PTP/IP“ in Verbindung mit ShutterSnitch verwendest?
Das ist schon eine Weile her. Ich bin mir aber ziemlich sicher, dass ich FTP verwendet habe, da Shuttersnitch einen FTP Server intern bereitstellt.