Grossformatprints von kleinen Bildern

Standard Litfaßsäulenplakat
Standard Litfaßsäulenplakat

Am Anfang war eine eMail…

Eine eMail-Unterhaltung mit einem befreundeten Fotografen brachte mich dazu, das Thema „Grossformatige Prints mit kleiner Auflösung“ mal etwas näher zu betrachten – und einen Artikel darüber zu schreiben.

„[…]letztens las ich irgendwo, dass man mit einem gezielten Hinzufügen von „Korn Rauschen“ den Bildeindruck verbessern kann und dass dies bei Großformatprints von Experten häufig angewandt würde.
Hab gestern ein bischen im Netz gesucht und diesen Tip hier gefunden, den ich mal ausprobieren will:

http://eye.de/tip_grossform.shtml

Ich finde das ganz überzeugend. Hast Du mit sowas Erfahrung? Bessere Ideen? Nee, nicht ne 60 Megapixel Mittelformat kaufen ;-)“

Spontan fielen mir dazu ein paar Alternativen ein. Ja, Rauschen hinzufügen um dem Auge Details vorzugaukeln ist gängige Praxis. Aber nicht unbedingt State of the Art. Jedenfalls nicht ausschliesslich. Einige Möglichkeiten die es gibt den Schärfeeindruck zu verbessern möchte ich in diesem Artikel aufzeigen.

Wie ist das mit der Schärfe und der Auflösung jetzt eigentlich? Von welchen Faktoren hängt sie ab?

Schärfeeindruck – Abhängigkeiten

Das menschliche Auge empfindet, dank der Schärfetoleranz des Auges, aus einem Betrachtungsabstand von 25cm eine Auflösung von 300dpi (dots per inch, Punkte pro Zoll) noch als scharf. Für 1m Betrachtungsabstand reicht demnach eine Auflösung von nur 75dpi um den gleichen Schärfeeindruck zu erhalten. Eine gute Zusammenfassung der wissenschaftlichen Hintergründe zur Grenzauflösung (am Beispiel der PAL Auflösung) hat der inwa e.V auf seiner Webseite Veröffentlicht (und die Quellen ordnungsgemäss verlinkt!). Der Schärfeeindruck des Auges ist also Abhängig von der „Punktdichte“ und dem Betrachtungsabstand.

Achtung! Fangfrage: Welches Plakat hat eine höhere Auflösung: das 60cm x 90cm kleine mit 300dpi oder das 2m x 3m grosse mit 300dpi? Und welches der Beiden Plakate hat mehr Bildpunkte?

Genau – beide haben die gleiche Auflösung, aber das 2mx3m grosse besteht aus 152,400 x 228,600 = 34,838,640,000 Punkte bzw. ca 34,8 „Gigapixel“ während das 60cm x 90cm grosse nur aus 45,720 x 68,580 Punkte = 3,1 „Gigapixel“ besteht. Oder besser gesagt: bestehen würde. denn in der Praxis druckt man 2m x 3m Plakate in der Regel nicht mit 300 dpi sondern mit 75-150dpi. Ausser man heisst vielleicht Andreas Gursky und druckt Fotokollagen aus gescannten Grossformatfilmaufnahmen…

Auch die Beschaffenheit des Ausgabemediums (Acrylglas, Alu-Dibond, (Foto-)papiere, Leinwand, Tassen, T-Shirts, etc.) und das verwendete Druckverfahren (Digitaldruck, Offsetdruck, Hochtemperatur-Stoffdruck, Flockdruck (T-Shirts!), Ausbelichten mit Laser und chemie – um nur ein paar zu nennen) spielen eine Rolle beim Endergebnis.

In der Praxis verwendet man für Ausbelichtungen auf Fotopapier oder Acrylglas 200-300dpi und für Leinwand oder Stoffdruck in der Regel 100-200dpi.

Soweit die Grundlagen. Wir haben also gelernt, dass mehr als 300dpi keinen Sinn haben, es sei denn zu speziellen Zwecken oder bei einem Betrachtungsabstand von weniger als 25cm, welches ja genaugenommen auch schon wieder ein spezieller Zweck ist…

Die folgende Galerie zeigt sehr schön, wie die Auflösungen verschiedener Druckerzeugnisse auf den jeweiligen Betrachtungsabstand optimiert wurden:

Wichtig ist in jedem Fall eine optimale Abstimmung der einzelnen Arbeitsschritte aufeinander mit Zielrichtung auf das optimale Endergebnis hin.

Wie Gross bei wieviel Megapixel?

Bis zu welchem Format kann ich denn nun meine 10 Megapixel-JPG-Dateien drucken ohne sie vergrössern zu müssen? Die folgende Tabelle schafft Übersicht.

http://de.wikipedia.org/wiki/Vorlage:Megapixeltabelle

Die Auflösung von Plakaten und deren übliche Formate kann man beispielsweise über diese Webseite herausfinden:

http://www.plakatzeit.de/

Ich will aber auf 100cm  x 150cm Acrylglas drucken!

Ja – dann mach das doch! OK – ganz so einfach ist es dann doch nicht. Denn: um eine 12MP Datei auf 100cm x 150cm drucken zu können muss zu irgendeinem Zeitpunkt der Produktionskette die Pixelanzahl in der Datei vergrössert werden. Macht man es selbst nicht, so macht es die Druckerei oder das Fotolabor. Und dies meistens mit schlechtem (= unscharfem) Ergebnis.

Wenn man selbst die Datei vergrössert hat man die Wahl zwischen verschiedenen Algorithmen. Zum Beispiel:

Die besten Ergebnisse bei Fotos erziele ich für gewöhlich mit der Lanczos Methode. Jedoch führt selbst diese meist zu recht undetaillierten, in der 100% Ansicht unscharfen Bildern.

Wie kann man nun also den Schärfeeindruck der Vergrösserung verbessern?

Möglichkeiten gibt es einige:

Eine echte Detailsteigerung in der Datei erlaubt jedoch unter den vorhergenannten Methoden nur die Dekonvolution. Die „Rauschmethode“ bedient sich nur eines Tricks, nämlich der Eigenschaft des menschlichen Sehzentrums Details zu erfinden. Die Unscharfmaskierung hingegen sorgt für mehr Kontrast im Bild, was dazu führt, dass schwachkontrastige Details besser zu Tage treten und das Bild dadurch klarer wirkt, jedoch werden dadurch nicht mehr Details sichtbar. Die LCE besteht im wesentlichen aus mehreren, nacheinander angewandten Unscharfmaskierungen mit verschieden grossen Radien.

Mit Dekonvolution Details wiederherstellen

Mit Dekonvolution gibt es seit längerem eine Methode, die es erlaubt Details tatsächlich wiederherzustellen. Ursprünglich erfunden wurde die Technik um verwackelte oder Fehlfokussierte Aufnahmen „zurückzurechnen“, also Details durch umgekehrte Verrechnung der Zerstreuungskreise oder Verwacklungsspuren deutlicher hervortreten zu lassen oder sogar wieder sichtbar zu machen.

Softwaretools wie Focus Magic oder Topaz InFocusbieten einen komfortable Bedienoberfläche für die Dekonvolutionsalgorithmen. Auf den Herstellerseiten gibt es auch detaillierte Beispiele, Tutorials und Beschreibungen der Produkte. Mir persönlich gefiel Focus Magic von den Algorithmen und dem Funktionsumfang besser, Topaz glänzt durch die bessere „Verpackung“. InFocus gibt es sowohl für Windows als auch für den Mac, der Hersteller von Focus Magic arbeitet noch an einer Intel-Mac-Version.

Ja – und wie gehe ich am besten vor?

Den grössten Erfolg erzielt man für gewöhnlich in dem man das Bild auf die doppelte Grösse der gewünschten Endgrösse skaliert und dann die Dekonvolutionssoftware darauf laufen lässt. Anschliessend verkleinert man das dekonvulierte Bild auf die endgültige Grösse und schärft nochmal ein bischen nach (5-10%). Sollte das Ergebnis noch nicht ganz zufriedenstellend sein kann man noch einen Rauschlayer drüberlegen, der das Auge glauben lässt, dass noch mehr Details im Bild sind als wir mittels Dekonvolution ohnehin schon herausgeholt haben.

Wahlweise kann man natürlich alle Möglichkeiten miteinander kombinieren – Dekonvolution, Step sharpener, Rauschen darüberlegen – beliebig oft. Es ist ein wenig Übung nötig, aber Otto-Normalbenutzer sollte allein schon durch Ausprobieren schnell zu einem guten Ergebnis kommen.

Wichtig ist noch, dass man mit der Dekonvolution am meisten erreichen kann, wenn die Bilder möglichst wenig Rauschen enthalten.

Ein Tipp zum Schluss

Man sollte unbedingt das Ergebnis vor dem endgültigen Druck auf dem Ausgabemedium auf kleinen Bildausschnitten kontrollieren. Die Beurteilung am Monitor bietet bestenfalls einen Anhaltspunkt, wie das Endergebnis aussehen könnte. In der Regel nicht mal das.

Wer auf Nummer Sicher gehen will sollte unbedingt mehrere Bearbeitungsvarianten als Ausdruck auf dem Papier, dem Acrylglas oder einem anderen Material vergleichen. Nur so bekommt man einen Eindruck wie später das Bild wirklich auf dem Ausgabemedium wirken wird.

Beispiel: Das  Rauschen, dass auf dem Monitor viel zu heftig aussieht kann auf Leinwand völlig bedeutungslos sein oder auf Acrylglas die Bildwirkung positiv unterstreichen.

Zum Weiterlesen

Ein Praxisbeispiel des Fotografen Falk Lumo, der sich mit den Arbeiten seiner Lumolabs in der Pentaxszene bereits einen Namen gemacht hat zeigt am Beispiel eines Ausschnitts einer Aufnahme mit einem Teleobjektiv, wie man Dekonvolution sinnvoll einsetzen kann (Artikel auf Englisch)

Falls ihr noch andere Tipps oder Verbesserungsvorschläge habt schreibt mir bitte einfach. Auch eure Erfahrungen sind interessant!

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