Wer von euch hat sich schoneinmal gefragt wie man am besten alte Fotos digitalisiert? Zum Beispiel die sich langsam auflösenden Papierabzüge vom Urgrossvater aus dem Schuhkarton unterm Bett…
In diesem Artikel bekommt ihr einige Tipps an die Hand, die den Weg zu qualitativ hochwertigen Reproduktionen auch mit Hausmitteln möglich machen.
Aber welche Möglichkeiten hat man denn nun um alte Fotos in die digitale Welt zu überführen ohne sich gleich einen Reprotisch zulegen zu müssen?
Einscannen oder Abfotografieren – das ist die Frage.
Vorteile des scannens: Gute Farbwiedergabe durch gleichmässige Ausleuchtung, gute Planlage des Objekts, Farbmanagement mittels Scannerfarbprofil meist relativ problemlos möglich. Wenig nachbearbeitung nötig.
Nachteil beim scannen: Flachbettscanner sind im Vergleich zum Abfotografieren mit einer Digitalkamera extrem langsam. Es kann schon mal 5 Minuten dauern bis ein Foto im Flachbettscanner eingescannt ist. Nicht wirklich eine Lösung, wenn man einen ganzen Schuhkarton voll Fotos digitalisieren will, aber für einzelne Bilder vielleicht durchaus interessant. Auch die Grösse des Scanbereichs ist ein limitierender Faktor – grössere Fotografien sind nur sehr umständlich digitalisierbar.
Das Abfotografieren mit einer Digitalkamera bietet im Prinzip ähnliche Vorteile wie das Scannen, mit dem Unterschied, dass man durch einen Reprotisch oder eine vergleichbare Konstruktion selbst für die Planlage des Objekts, die Parallelität von Sensorebene und Objektebene und die saubere Ausleuchtung sorgen muss. Dafür kann man innerhalb weniger Sekunden ein Foto digitalisieren – meist sogar mit höherer Auflösung als dies mit einem Standardflachbettscanner möglich wäre und: Formatunabhängig.
Das Stichwort unter dem man im Internet so einiges findet ist „Reprofotografie“. Also das möglichst naturgetreue kopieren von Bildern mittels fotografischer Techniken. Eine Untergruppe der „Reprografie“
Worauf achten beim Abfotografieren?
Kamera-/Objektivwahl: verzeichnungsfreies Objektiv mit ausreichend geringer Naheinstellgrenze und einer gleichmässigen Schärfeverteilung über die Bildfläche. So viel Auflösung wie möglich. Makro-Objektive sind für solche Aufgaben in der regel gut geeignet, Zoomobjektive eher selten.
Blende, Belichtungszeit und Empfindlichkeit an der Kamera manuell einstellen. Dabei darauf achten, dass die Empfindlichkeit möglichst gering ist. Falls JPEG als Dateiformat genutzt wird: Weissabgleich ebenfalls manuell einstellen. Manuelle Settings bedeuten weniger Aufwand in der Nachbearbeitung, weil alle Fotos mit den gleichen Einstellungen aufgenommen wurden und sich Korrekturen somit leicht auf alle Fotos anwenden lassen.
Möglichst eine mittlere geschlossene Blende (Blende 8, 11 16) und eine normale bis leichte Tele-Brennweite verwenden (z.b. 50-60mm an Kleinbild, 35-45mm an APS-C, etc.)
Bilder, sofern die Kamera dies kann, in RAW oder als 16bit TIFF aufnehmen. Bei nicht ganz so hohem Qualitätsanspruch tut es auch JPEG mit 8bit Farbtiefe, das ist allerdings schon eine Qualitätseinbuße und gibt in der Nachbearbeitung weniger Spielraum. Ausserdem muss bei JPEG Aufnahmen der Weissabgleich auf den Punkt stimmen…
Darauf achten, dass die Antishakeeinheit im Objektiv oder der Kamera abgeschaltet ist. Stattdessen mit Kabelauslöser, Funkauslöser oder Selbstauslöser in Verbindung mit der Spiegelvorauslösung (sofern die Kamera dies unterstützt) benutzen um Verwacklung zu vermeiden.
Fotos mit kleinem Rand in das Aufnahmeformat eingepasst fotografieren um Qualitätsverluste durch beschneiden zu verringern. Ganz vermeiden lässt sich ein Beschnitt in der Regel nicht, wenn man das komplette Foto digitalisieren möchte.
Feststehende, zueinander planparallele Reproduktionsebene und Kameraebene. Erreicht werden kann das z.B. durch einen soliden Tisch und ein stabiles Stativ mit Ausleger. Alternativ kann man auch in der Waagrechten einfach ein stabiles Stativ ohne Ausleger und eine Zimmerwand mit einem umgebauten Bilderrahmen verwenden.
Eine saubere Ausrichtung der Kameraebene zum Objekt vermeidet anschliessendes umfangreiches Entzerren in der Nachbearbeitung und wirkt damit Qualitätssteigernd.
Eine Referenzaufnahme mit einem Objekt bekannter Farbe: z.B. Farbkarte, Graukeil, weisses Blatt Papier, etc. sollte man anfertigen um den Weisspunkt im Bild später am Rechner eindeutig bestimmen zu können.
Klares Bilderrahmenglas als Abdeckung ist eine gute Möglichkeit um eine plane Lage des Fotos zu erreichen.
Ausleuchtung: Es ist wichtig eine schattenfreie und helligkeitsverlaufsfreie Ausleuchtung zu wählen. Zum Beispiel zwei Lichtquellen, je eine von links oben und rechts oben aus gleicher Entfernung und mit gleichem Einfallswinkel auf das Objekt leuchten lassen, so, dass sich diese nicht im Abdeckglas spiegeln (von der Kamera aus gesehen).
Lichtquellen: bei der Wahl der Lichtquellen darauf achten, dass sie das volle Tageslichtfarbspektrum ausstrahlen. Grundsätzlich ungeeignet sind LED-Lampen, Neonröhren oder Energiesparlampen. Gut geeignet sind Tageslichtglühbirnen oder Systemblitzgeräte oder Videoleuchten. Notfalls tun es auch zwei Baustrahler, jedoch sollte man darauf achten, dass die Baustrahler bereits eine halbe Stunde vor dem Beginn der Digitalisierung eingeschaltet werden um Farbverschiebungen während der Aufwärmphase zu vermeiden.
Viel Erfolg beim digitalisieren!